Chefarzt des Alexius/Josef Krankenhauses warnt vor falscher Sicherheit

Künstliche Intelligenz bietet schnelle Antworten und wirkt auf den ersten Blick kompetent. Viele Menschen nutzen Chatbots inzwischen auch bei Fragen zu Depressionen, Angst oder Einsamkeit. Dr. Christian Schmidt-Kraepelin, Chefarzt der Psychiatrie am Alexius/Josef Krankenhaus, hat bekannte KI-Anwendungen selbst getestet. Das Ergebnis fiel klar aus. Anstelle konkreter Hinweise auf professionelle Unterstützung erhielt er allgemeine Ratschläge, die für Menschen in seelischen Krisen keine echte Hilfe darstellen.

Psychische Belastungen brauchen Empathie und persönliche Beziehung. Künstliche Intelligenz kann dies nicht leisten. Auch der Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten ist kritisch, da viele Anbieter nur wenig Transparenz bieten. Zudem bestätigen Chatbots häufig Aussagen ihrer Nutzer, was bei Themen wie Suizidgedanken gefährliche Folgen haben kann. Trotz dieser Probleme sieht der Mediziner Möglichkeiten in bestimmten Forschungsbereichen. Dafür braucht es klare Regeln sowie Fachleute, die Ergebnisse zuverlässig einordnen können.

PD Dr. Christian Schmidt-Kraepelin
Therapeutin und Patientin bei Einzeltherapie im Alexius/Josef Krankenhaus

Warum digitale Nähe echte Beziehung nicht ersetzen kann

Viele Betroffene erleben KI zu Beginn als freundlich, strukturiert und professionell. Genau darin liegt aus Sicht von Schmidt-Kraepelin ein Risiko. Die klare Formulierung und der scheinbar verständnisvolle Stil können ein Gefühl von Sicherheit vermitteln, das im Ernstfall täuscht.

Im persönlichen Kontakt erkennt ein Mensch Stimmungen, Krisensignale und Veränderungen, die sich in einem Gespräch entwickeln können. Künstliche Intelligenz bleibt hingegen auf der reinen Textebene und nimmt keine emotionalen Veränderungen wahr. Vertrauen, Beziehung und die Fähigkeit, auf eine Situation einzugehen, entstehen ausschließlich zwischen Menschen. Deshalb bleibt der direkte Austausch mit Fachleuten unverzichtbar, besonders wenn die eigene seelische Gesundheit belastet ist.